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Der Geist ist raus … was bleibt?

Hast du schon einmal abgestandenen Sekt oder schales Bier getrunken? Da mag zwar auf der Flasche immer noch Sekt draufstehen, was aber drin ist, hat nicht mehr viel damit zu tun. Der Geist ist bereits entfleucht, und damit verändert sich das Wesen des Produktes bis zur völligen Unbrauchbarkeit.

Natürlich kann man jetzt denjenigen Menschen, die noch nie vernünftigen Sekt getrunken haben, weismachen: DAS ist SEKT! Und vielleicht glauben sie es. Schließlich steht es auf dem Etikett. Die Lebensqualität wird jedoch Schritt für Schritt auf der Strecke bleiben.

Nein, natürlich geht es mir nicht um Sekt. Dieser dient als Metapher für einen großen – wenn nicht den gravierendsten – Mangel unserer Zeit: Geist befindet sich auf dem Rückzug. Und wenn der Geist einer Sache das Zeitliche segnet, dann bleibt seelenlose Materie. Die Funktion, der Nutzen, die Ästhetik, die Schönheit, die eine Sache oder auch ein Konzept ausmachten, sind verschwunden. Ihre Integrität, ihre Würde sind verloren.

Demokratie! Wo ist der Geist, der diese Volksherrschaft beseelt? Leben wir in einer tatsächlichen Demokratie? Oder in einem Gebäude aus substanzlosen Worthülsen, die von den Mächtigen nach Belieben mit ihren Inhalten gefüllt werden? Ist Demokratie eine Mogelpackung, deren eigentliche Substanz schon lange auf dem Markt der Partikularinteressen verschleudert wurde?

Nahrung! Wo ist der Geist? Oder anders gefragt: Welcher Geist weht über den Produktions- und Vernichtungslagern der hochgezüchteten Fleischkörper? Den Tieren sind alle Rechte genommen, damit wir eine Substanz auf den Tisch bekommen, die nur noch ein Abklatsch dessen ist, was Fleisch eigentlich einmal war.

Hybrid-Gemüse wurde schon längst seiner natürliche Fähigkeit der Fortpflanzung beraubt. Die Ergebnisse: Gewinn für die Konzerne, Abhängigkeit für die Bauern und für die Verbraucher seelenlose Nahrung in vollendeter Form. Guten Appetit!

Familie! War die Familie nicht einmal eine generationsübergreifende starke Einheit, deren Zusammenhalt in der Summe einen nicht zu unterschätzender Machtfaktor darstellte? Heute leiden große Teile der Gesellschaft an Vereinsamung und haben keinerlei familiären Rückhalt mehr. Sie haben den Geist der Familie eingetauscht für ihr Recht auf Individualität und Selbstverwirklichung.

Individualität! Auch unsere heutige Individualität ist wie Sekt ohne Kohlensäure. Die „Vielfalt“ ihrer Optionen liegt zwischen den eng gesteckten Leitplanken des Mainstreams, bestehend aus Medienrealität, politisch korrekter Gedankenwelt und sozialen Abhängigkeiten. Denn auch ein Job, von dem man nicht mehr leben kann, ist nur noch ein „Arbeitsplatz“ ohne Funktion!

Gesundheit! Wie gehen wir mit den Selbstheilungskräften unseres Körpers um? Werden wir seiner Natur gerecht? Oder plätten wir ihn mit müllwertiger Nahrung, obsessivem Fitnesswahn, pharmakologischem Overkill oder Elektrosmog?

Privatsphäre! Denke an das Gefühl, das früher mit dem „Briefgeheimnis“ verbunden war! Heute fühlt es sich an wie ein Kuscheltier aus deiner Kindheit. Was der Staat, die Geheimdienste und die Wirtschaft heute über dich wissen, entspricht eher dem Gefühl ganzkörperrasiert im Nudistencamp auf der Showbühne zu stehen. Das Wort Privatsphäre müsste eigentlich zum Unwort des Jahres erklärt werden, wenn dieses nicht – fast hätte ich es vergessen – von einer weichgespülten Schar von Mainstream-Intellektuellen vergeben würde.

Menschenrechte! Dies weiter auszuführen lässt mich verzweifeln … Foltercamps sogar in der EU, Exekutionen durch ferngesteuerte Drohnen, gesellschaftliche oder physische Vernichtung Andersgläubiger oder Andersdenkender, Hunger, Krieg, Menschenhandel. Das ist einer der wenigen Bereiche in denen nach wir vor geradezu unverändert die alten Paradigmen gelten: Mittelalterlogik. Nur zum Glück haben wir ja heute die Menschenrechte.

Ich könnte wohl fast endlos damit fortfahren, über die Geistlosigkeit unserer Zeit zu lamentieren: Themen Freizeitgestaltung, Bildung, Meinungsfreiheit, Lebensqualität, Alterssicherung, …

Damit oute ich mich natürlich als durch und durch altmodischen wertkonservativen Menschen, denn für viele gilt: Weg mit dem Ballast! Wozu brauchen wir Geist und Seele, Hauptsache der Flatscreen hat einen Durchmesser von 200 cm und ich kann mir den Konsum leisten, der für meine Lebensumstände angemessen ist. Ja, wirklich moderne Menschen lachen über meine Gedanken, denn sie wissen, dass am Ende des Fortschritts, auch ihre Seele überflüssig geworden ist. Und dann lebt es sich deutlich leichter.

Jetzt kommt die Kurve: Warum schreibe ich das alles im Kontext eines Strategie-Blogs? Ich befürchte, es ist eine grundlegende strategische Entscheidung, die du für dein Leben treffen musst. Hat der Geist der Dinge einen Wert für dich? Wie hängen diese Aspekte mit deiner Lebensqualität zusammen?

Vielleicht noch ein weiterer wichtiger Gedanke: All das Gesagte ist sicherlich kein Plädoyer gegen die Veränderung. Im Gegenteil: Wir brauchen ständige Veränderung, um uns als Menschen bzw. als Gesellschaft weiter zu entwickeln. Aber es gibt eben zahllose Optionen für Veränderung. Veränderung um jeden Preis ist ebenso wie unkontrolliertes Wachstum kein relevantes Kriterium für Fortschritt.

Die Kunst liegt also darin, die Dinge zu verändern, ohne ihren Geist zu zerstören. Im Gegenteil: es stellt sich die Frage, ob Veränderung nicht so gestaltet werden kann, dass sich die positiven Aspekte einer Sache verstärken. Warum sollte es z.B. nicht möglich sein, Individualität und Familie unter einen Hut zu bekommen, wenn man mit der entsprechenden Aufgabenstellung an die Sache heran geht? Gleiches gilt für andere Bereiche.

Also: Wie definierst du Lebensqualität? Welche Produkte konsumierst du, was bietest du an oder stellst du her? Für wen arbeitest du? Und für wen arbeitet dein Kunde oder dein Arbeitgeber? Welchen Preis bist du – so oder so – bereit für deine Wahl zu bezahlen? Auf welches Konto zahlst du durch dein Handeln ein? Viel Spaß beim Nachdenken!